Bedenkzeit bedeutet Funkstille.
Sie bringt mich um. Ich sterbe. Zwei Tage lang sterbe ich von Minute zu Minute etwas mehr.
Bis dann seine Nachricht einen Schock durch mich jagt wie ein Defibrillator.
„Weißt du, was man mit dir machen sollte dafür, dass du mir so ein Angebot gemacht hast?“
Das schreibt er. Einfach so. Kein "Hallo" oder sonst etwas. Aber ich bin echt nicht in Stimmung für dieses Spiel schon wieder.
„Mir eine verdammte Antwort geben?“ lautet also meine Reply.
„Man sollte dich mal so richtig übers Knie legen dafür. Und dich danach aufs Bett werfen und sehen, ob du verträgst, was du bestellt hast.“
Ja, so kenne ich ihn. Große Worte.
„Ich hätte Sonntag Nachmittag Zeit dafür. Was ist mit dir?“, schiebt er noch hinterher.
Und: „Das war übrigens meine Antwort, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte.“
Mir fällt beinahe das Handy aus der Hand.
„Dein Ernst?“
„Mein verdammter Ernst! Ich habe die ganze Zeit an dich gedacht und was ich mit dir anstellen will. Verdammt, Lisi! Sag einfach ja, bevor ich wieder kalte Füße bekomme!“
Dieses Mal muss er auf die Antwort warten. Ich fasse es nicht. Er lässt sich wirklich darauf ein. Sonntag. Noch drei Tage. Natürlich habe ich Zeit. Schreibe ich ihm.
O.k., ich gebe zu, den genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr, und ich bin zu faul, den Nachrichtenverlauf durchzugehen. Was pointless wäre. Es folgten so viele Nachrichten in den letzten Tagen.
Und diese Nachrichten hatten es in sich. Wie früher. Nur konkret. Ich gebe es zu, ich trage aktuell immer Slipeinlagen, wenn ich die Wohnung verlasse. Jederzeit kann so eine Nachricht von ihm kommen, die mir durch alles geht, und mein Höschen durchtränkt, wenn ich die Einlagen nicht trage. Zuhause lasse ich das Höschen inzwischen ganz weg. Zum Glück ist Sommerkleid-Wetter.
Zudem gebe ich ebenfalls zu, dass ich ihm, was versaute Nachrichten schreiben angeht, in nichts nachstehe. Ich tease ihn ständig via WhatsApp. Eines unserer gemeinsamen Kopfkinos, schon immer. Ich mache ihn in unpassenden Momenten scharf, freue mich über seine Awkward Boners. Dafür werde ich bestraft. Er macht mich in unpassenden Momenten scharf, und wenn ich mich dann nicht beherrsche, werde ich ebenso bestraft. So oder so bekomme ich irgendwann den Po versohlt in unseren Fantasien. Das Meiste aber dreht sich rund um das Spiel mit der Lust und dem Beherrschen der Lust. Der eigenen wie der des/der anderen. Ja, die Vorfreude steigt.
Und dann Freitag mittag brummt mein Handy. Ein Anruf. Also ein echter Anruf. Woran man merkt, wie alt der Mann ist. Er fragt mich, ob ich brav war. Sein Tonfall jagt mir Schauer über Arme, Beine und Rücken.
Ich gebe halbherzig zu, dass ich der Vorfreude nicht konsequent widerstehen konnte.
Da sagt er doch: „Lisi, das geht so nicht. Hebe gefälligst deine Vorfreude bis zum Sonntag auf! Packe alle deine Spielzeuge in einen Karton. Ich komme nachher auf dem Heimweg von der Arbeit kurz bei dir vorbei, und nehme sie mit.“
Was zum Fick?
Also, um das klar zu stellen. Natürlich haben wir über tease & denial gesprochen und geschrieben. Oft. Die Fantasie mögen wir wie gesagt beide. Aber in der Realität ist es etwas ganz anderes. Ich frage mich, ob ich ihm jetzt schon (oder überhaupt jemals) zugestehen soll, derart über mich zu bestimmen. Und gleichzeitig überfällt mich bei dem Gedanken daran ein Schwall von Lust, wie ich ihn selten gespürt habe.
Dazu kommt, das muss man an der Stelle erwähnen, dass ich aber mal sowas von gar nicht auf seinem Weg von der Arbeit nach Hause liege. Es ist mehr so, dass er in Nürnberg lebt und arbeitet, während ich in Erlangen wohne (Von „leben“ kann man da ja nicht sprechen). Das sind rund 20 km von Tür zu Tür. Einfache Strecke. Und er fährt das mit dem Rad. Ja. Mit dem Fahrrad. mal eben 40 km mit dem scheiß Fahrrad. Um mir meine Toys weg zu nehmen.
O.k., ich weiß, es ist für ihn sein Training. Er fährt regelmäßig 30 – 40 km einfach so zum Spass. Trotzdem. Braucht es mehr als das, um mir zu zeigen, dass er es ernst meint mit dem Schritt raus aus der Virtualität in die Realität?
Er tut es. Ich habe ihm brav und mit einer feuchten Mischung aus Bedauern und schuldiger Faszination seine Box gepackt. Zwei Stunden nach dem Anruf klingelt es. Er steht grinsend unten an der Tür vor meinem Wohnheim. Ich lasse ihn herein, er kommt nach oben. Mit ihm eine betörende salzige Wolke frischer Schweiß. Er nimmt die Box, packt sie in seinen Rucksack, gibt mir einen Klaps auf den Hintern, sagt ich soll brav sein, und ist schon wieder unterwegs.
O.k., sind wir ehrlich. Es geht zur Not auch ohne elektrische Unterstützung. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ich habe einen kleinen Freund „vergessen“ mit einzupacken. Was ich ihm natürlich gestehen werd, wenn er danach fragt. Was ihm dann einen weiteren schönen Vorwand liefert, streng zu sein. Was gut ist, denn darauf freue ich mich natürlich. Wobei wir wieder bei der Vorfreude wären. Ich werde versuchen, mir die Freude aufzuheben, wie er das verlangt. Aber leicht wird das nicht.
Und mal eine Sache noch:
Alter! Reden wir über diesen Klaps auf den Po. So selbstverständlich nonchalant hat er mir einen zärtlichen liebevollen, aber durchaus spürbaren Klaps mit gegeben.
Das ist das erste mal, dass er mich physisch auf eine Weise berührt hat, die nicht als strikt freundschaftlich durchgehen würde. Ja, die ein oder andere Umarmung hat es gegeben. Aber nie. Wirklich Niemals war er dabei mit seinen Händen irgendwo in der Nähe irgendeiner verfänglichen Stelle meines Körpers.
Und jetzt kommt er zu mir nach Hause, konfisziert meine Toys und berührt mich auf diese sexy vertraute Art, als ob es das Normalste von der Welt wäre. Und ich erinnere mich, wie er mir früher am Tag geschrieben hatte „Dein Arsch gehört jetzt mir!“
Er war in meiner Wohnung. Er hat sie mit seinem Duft markiert. Er hat nun meine Toys in seinem Besitz, womöglich mit die intimsten meiner Sachen. Und er hat mich besitzergreifend an einer meiner lustvollsten Stellen berührt. Einfach so.
Muss ich erwähnen, dass er mir, kaum, dass er zuhause ist, wieder saftig heiße Nachrichten schickt. Mich damit aufzieht, mich dafür schimpft, was ich für eine perverse Sammlung an Toys da inzwischen habe.
Ich beherrsche mich, mir selbst zu helfen, aber uhhh, ist das schwer.
Ich beherrsche mich für ihn. Auch wenn es an sich pointless ist. Bei Männern mag sich durch Denial da was anstauen. Bei mir wirkt eher regelmäßige Stimulation, um mich noch mehr in Fahrt zu bringen. Aber was soll ich sagen. Die liefert er natürlich auch.
Wie durch ein Wunder halte ich es bis Sonntag durch.
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